Im Vorfeld der morgigen Gerichtsverhandlung im Fall Osman Kavala kommentiert Dr. Sergey Lagodinsky, MdEP, Vorsitzender des gemischten parlamentarischen Ausschusses EU-Türkei:
„Osman Kavala, Vorbild, Partner und Freund für so viele in der Türkei und in der EU, sitzt seit über drei Jahren im Gefängnis. Sein Fall ist durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) längst eindeutig geklärt: die türkischen Behörden sind nach dem Urteil des EGMR verpflichtet Osman Kavala umgehend freizulassen. Gemeinsam mit vielen Demokraten in der Türkei, erwarte ich, dass das Gericht die Gelegenheit beim Schopfe packt, der türkischen Justiz keine weitere Schande beschert und Osman Kavala endlich in die Freiheit entlässt.
Seit einigen Wochen nähren verschiedene Aussagen von Präsident Erdoğan die schwache Hoffnung auf eine Wendung hin zu mehr Gerechtigkeit und Rechtstaatlichkeit. Bisher wurden solche Hoffnungen immer wieder enttäuscht. Bloße Ankündigungen der türkischen Regierung reichen nicht mehr aus. Präsident Erdoğan muss seinen Worten Taten folgen lassen. Die Freilassung politischer Gefangener wie Osman Kavala, Selahattin Demirtaş, Ahmet Altan oder Cihan Erdal, wären ein guter Anfang.„
Hintergrund:
Osman Kavala, dessen Fall am morgigen Freitag, 18. Dezember 2020 erneut vor einem türkischen Gericht verhandelt wird, wurde im November 2017 verhaftet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ordnete im Dezember 2019 seine sofortige Freilassung an. Im Februar 2020 sprach ein türkisches Gericht ihn vom Vorwurf des Umsturzversuchs im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten frei und ordnete seine Freilassung an, womit das EGMR-Urteil formal erfüllt wurde. Kavala blieb aber inhaftiert, weil kurz darauf ein neuer Haftbefehl erlassen wurde. Osman Kavala sitzt mittlerweile seit über drei Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Silivri.
Für Rückfragen, O-Töne und Interviewwünsche steht Ihnen Dr. Sergey Lagodinsky gerne zur Verfügung.
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