Seit mehr als 35 Jahren fordert das Europäische Parlament die Schaffung eines europäischen Vereinsrechtes zur Stärkung und zum Schutz zivilgesellschaftlicher Organisationen. Gestern hat die EU-Kommission im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments ihre Ankündigung bekräftigt, erstmals ein Gesetzespaket für die Stärkung von Vereinen und Non-Profits in der Europäischen Union vorzulegen.
Damit reagiert die Kommission auf den sog. Lagodinsky-Bericht, den das Parlament im Februar beschlossen hat. Darin fordert eine breite Mehrheit der Abgeordneten die Kommission auf, ein EU-weites Vereinsrecht und Mindeststandards zum Schutz der europäischen Zivilgesellschaft vorzulegen. Bisher gibt es in der Europäischen Union keine einheitlichen Regeln zum Umgang mit nicht-erwerbsorientierten zivilgesellschaftlichen Organisationen. Das soll sich nun ändern. Der Bericht enthält Entwürfe konkreter Gesetze, um diese Lücke zu schließen.
Der Europaabgeordnete Dr. Sergey Lagodinsky zur Ankündigung der EU-Kommission:
„Die Ankündigung der Kommission ist ein parteiübergreifender Erfolg des Parlaments und der europäischen Zivilgesellschaft. Nun ist es wichtig, in der Vorbereitung des Gesetzesentwurfs sicherzustellen, dass die Kernanliegen unseres Berichts und die Wünsche der Zivilgesellschaft Gehör finden. Denn jede lebendige Demokratie braucht eine lebendige Zivilgesellschaft. Wir dürfen zivilgesellschaftliches Handeln nicht einfach als Gegeben hinnehmen, sondern müssen uns aktiv für ihre Stärkung und ihren Schutz einsetzen.
Aktuell existieren 27 unterschiedliche Regelwerke und noch mehr Rechtsformen für zivilgesellschaftliche Organisationen. Damit eine europaweite Zivilgesellschaft entsteht und geschützt wird, brauchen wir eine europäische Gestaltung zivilgesellschaftlicher Räume. Mit dem Aufgreifen der Vorschläge aus dem von mir angestoßenen Bericht erkennt die Kommission erstmals mit einem Gesetzesakt den Stellenwert europäischer zivilgesellschaftlicher Organisationen an.
Was nach bürokratischem Klein-Klein klingt, hat sehr reale Auswirkungen für engagierte Bürger*innen in den Mitgliedsländern der Europäischen Union. Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder erlebt, wie Regierungen zivilgesellschaftliche Organisationen angegriffen haben. Das Repertoire reicht von Vereinsverboten und dem Entzug der Gemeinnützigkeit in Deutschland bis hin zur Kriminalisierung unliebsamer Organisationen in Ungarn. Obwohl unterschiedlich schwer, sind alle solche Eingriffe geeignet, zivilgesellschaftliche Arbeit de facto unmöglich zu machen.”