01. Apr. 2025
Ein Sicherheitsstaat auf US-Software-Basis ist keine Option für eine demokratische Gesellschaft
Der Europaabgeordnete und Digitalpolitiker Sergey Lagodinsky zeigt sich alarmiert über den Beschluss des Bundesrats, der den bundesweiten Einsatz automatisierter KI-Datenanalyseplattformen wie Palantir ermöglicht. Lagodinsky erklärt dazu:

„Der Einsatz dieser Software bedeutet faktisch, dass Millionen Bürgerinnen und Bürger künftig automatisierten Verdachtsprüfungen unterzogen werden könnten – und das auf Basis einer intransparenten US-Software. Das ist nicht nur ein digitalpolitischer Rückschritt, sondern ein sicherheitspolitischer Offenbarungseid. Der Zugriff auf sensible polizeiliche Daten durch ein Unternehmen mit engen Verbindungen zum autoritären Flügel der US-Politik ist sicherheitspolitisch fahrlässig und mit rechtsstaatlichen Prinzipien unvereinbar.
Natürlich brauchen wir moderne Werkzeuge zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität. Aber Sicherheit darf nicht auf Kosten unserer Grundrechte und digitalen Selbstbestimmung erkauft werden. Wir brauchen europäische, transparente und demokratisch kontrollierte Lösungen – keine Abhängigkeit von autoritären Tech-Oligarchen. Es ist Zeit für eine grundlegende Neubewertung dieser Pläne: rechtlich, ethisch und politisch. Das Vertrauen in unseren Rechtsstaat darf nicht an den Meistbietenden auf dem Weltmarkt verkauft werden.“
Hintergrund:
Medienberichten zufolge wird die Software bereits in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen eingesetzt. Die umstrittene Palantir-Software stammt von einem US-Unternehmen, das unter anderem vom Trump-Vertrauten Peter Thiel mitgegründet wurde. Palantir ist eine Datenanalyse-Plattform eines privaten US-Unternehmens. Sie verarbeitet große Datenmengen aus Quellen wie Polizeidatenbanken, sozialen Netzwerken oder Überwachungskameras, um Muster zu erkennen. Dabei können auch unbeteiligte Personen ins Visier geraten – etwa weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren oder mit einer überwachten Person kommuniziert haben. Schon bloßer Kontakt reicht aus, um analysiert und in Datennetzwerke einbezogen zu werden. Die Funktionsweise der Software ist dabei weitgehend intransparent.
Fehlinterpretationen sind möglich, der Datenschutz spielt oft eine untergeordnete Rolle. Besonders heikel: Auch Personen, die sich nichts zuschulden kommen ließen – etwa als Zeug*innen oder bei Routinekontrollen – tauchen in Polizeidatenbanken auf.
EU-Abgeordnete verfügen über ein eigenes IT-Management und sind in ihrer Kommunikation besonders geschützt. Der normale Bürger jedoch bleibt weitgehend ungeschützt – und kann so leicht zum digitalen Verdachtsfall werden.
Beschluss des Bundesrates: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2025/0001-0100/58-25(B).pdf?__blob=publicationFile&v=2